Die äthiopische Kaffee-Zeremonie ist ein wesentlicher Bestandteil des sozialen und kulturellen Lebens des Landes. Eine Einladung zur Kaffee-Zeremonie ist ein Zeichen von Freundschaft oder Anerkennung und ein besonderes Beispiel äthiopischer Gastfreundschaft. Zu Ehren eines Besuchers ist die Zeremonie fast schon obligatorisch, gleichgültig zu welcher Tageszeit. Sie müssen aber Zeit mitbringen – die Zeremonie kann Stunden dauern. Nehmen Sie also Platz und genießen Sie das Geschehen. Die äthiopische Wertschätzung für Kaffee mag übertrieben erscheinen, sie ist aber immer wunderbar förmlich. Die Zeremonie wird in der Regel von einer in das traditionelle, weiße Gewand mit farbig gewebten Bordüren gehüllten Frau vorgeführt.

Die Handlung beginnt mit dem Aufstellen der Geräte auf einem Teppich aus langen, duftenden Grashalmen. In einer flachen Pfanne werden die Kaffeebohnen beim Kochen behutsam über einem kleinen Holzkohlefeuer geröstet, wobei sich der strenge Röstduft mit dem anregenden Geruch der Räucherstoffe mischt, die nebenbei verglüht werden. Durch ruhiges Bewegen und ruckartiges Schütteln der erhitzten Pfanne werden die Häutchen von den Bohnen getrennt. Wenn die Kaffeebohnen glänzend schwarz geworden sind und sie ihr ätherisches Öl freigeben, werden sie mit einem Pistill in einem langstieligen Mörser zermahlen. Das Kaffeemehl wird dann vorsichtig in die tönerne schwarze Kaffeekanne eingerührt. Diese Kanne, die so genannte „jebena”, hat einen kugelförmigen Bauch und steht in einem Ring aus Stroh.

Wegen des uralten Verfahrens der Zubereitung ist das äthiopische Kaffeemehl alles andere als gleichmäßig fein. Daher wird der Kaffee mehrmals durch ein feines Sieb gegossen, bevor er der Familie, den Freunden und Nachbarn, d.h. allen, die auf diesen Augenblick gewartet und die Zeremonie während der letzten halben Stunde verfolgt haben, in kleinen Porzellanschalen serviert wird. Den Kaffee dabei in einem dünnen goldenen Strahl aus ca. 30 cm Höhe elegant und ohne Unterbrechung in die bereitgestellten Schälchen zu gießen, das erfordert schon eine jahrelange Übung. Der Kaffee wird mit viel Zucker (oder auf dem Lande mit etwas Salz), aber immer ohne Milch getrunken. Dabei wird sein Aroma und die überaus geschickte Zubereitung überschwänglich gelobt. Häufig wird auch etwas zum Knabbern, z.B. Popcorn, Erdnüsse oder geröstete Gerste, zum Kaffee gereicht. In vielen Gegenden Äthiopiens findet die Kaffee-Zeremonie dreimal am Tag statt – morgens, mittags und abends. In den Dörfern ist dies noch immer das wichtigste soziale Ereignis. Wenn Sie nun aber eingeladen werden, in einem Haus an einer Kaffee-Zeremonie teilzunehmen, dann denken Sie daran: es wäre unhöflich, abzulehnen oder sich zurückzuziehen, bevor Sie nicht mindestens drei Schälchen Kaffee getrunken haben, denn erst die dritte Runde soll dem Haus Segen bringen.